Eine Fuchspfotenkrawatte um den Hals gebunden, mit Lockenwicklern zum Einkaufen
und sich mit praktischer Kochschürze in die Frontrow einer Modenschau setzen - wer
sich als Mensch mit Modemut betrachtet, wird von Monika Hutter eines Besseren
belehrt. Die gebürtige Erlangerin hatte schon immer ein Faible für schräge Outfits und
zeigt uns heute ihren Kleiderschrank.
Frau Hutter, wie würden Sie Ihren eigenen Stil definieren?
Ich würde ihn als unkonventionell, manchmal exzentrisch, aber auch ironisch
beschreiben. Was das Ironische anbelangt, bin ich mir nicht immer ganz sicher, ob das
auch so aufgefasst wird, aber ich hoffe es zumindest. Ich spiele gerne und schlüpfe in
andere Rollen.
Zum Beispiel?
Ich trage sehr gerne einen Anzug mit Krawatte, um unter anderem auch auf die
Genderthematik aufmerksam zu machen. Ich fühle mich aber auch sehr von anderen
Kulturen und ihrer Kleidung angezogen. Vor allem gefällt mir Bollywood. Daher
vermutlich auch mein Nasenring und meine Liebe zu Turbanen. Ich selbst war zehn
Jahre auf der Bühne mit Tanzauftritten, heutzutage gebe ich aber nur noch Unterricht im
orientalischen Tanz. Ich fühle mich sehr von der Musik angesprochen.
Sie sind Designerin Ihrer eigenen Mode- und Accessoires-Marke namens „Moja“. Wollten
Sie von Anfang an selbständig arbeiten?
Ich habe zuerst eine Ausbildung zur Schneiderin absolviert und war danach unter
anderem bei Escada tätig. Dann hat es mich allerdings nochmal in eine ganz andere
Richtung verschlagen. Ich habe in einer Bank gearbeitet und parallel mein Abitur
nachgeholt. Danach habe ich Musik, Katholische Religion und Geschichte auf Lehramt
studiert, bin dann aber doch zurück zur Mode und habe als Dozentin an der Esmod
unterrichtet. Seit rund zwölf Jahren arbeite ich an der Akademie für Mode und Design.
Als zwischendurch mein Sohn geboren wurde, habe ich angefangen vor allem zuhause
zu arbeiten. Es fing mit Kopfbedeckungen und Accessoires an, später kamen auch Capes
dazu, die ich an Lodenfrey verkauft habe. Vor allem die Trachtenabteilung habe ich viel
beliefert. Mittlerweile habe ich auch eine Koch- und Kittelschürzen Kollektion gemacht.
Es kann auch schon mal vorkommen, dass ich mit Schürze einkaufen gehe und dabei
auch noch die Lockenwickler auf dem Kopf habe.
Wie reagieren in solchen Situationen die Menschen auf Sie?
Meistens sind die Leute immer sehr empört. Man bekommt also eine Menge Feedback.
In der Regel ist es positiv und gerade bei der Kombi lachen die Leute auch mal gerne, da
sie es nicht gewohnt sind. Es ist nun mal auch ein Klischee und ich mag es gerne
Klischees zu bedienen. Sie sind dafür da, dass man sie unter Umständen auch mal
hinterfragt.
Ihnen ist es also wichtig, eine kleine Botschaft mit Ihrer Kleidung zu übermitteln, aber wie
sieht es mit Ihrem eigenen Wohlbefinden dabei aus?
Für mich ist beides gleichermaßen wichtig. Ich trage gerne Kleidung, die man nicht
alltäglich auf der Straße sieht, zumindest hoffe ich das. Außerdem verleihe ich den Dingen gerne einen neuen Kontext oder lasse eine Transformation entstehen. Bei einer GQ Party in der Goldenen Bar habe ich ein klassisches Schneiderkostüm in Kombination mit einer Fuchspfotenkrawatte getragen. Ich finde es schön, aus vermeintlichem Abfall, Schmuck zu machen.
Befindet sich denn ein Kleidungsstück in ihrem Schrank, das Sie besonders gerne tragen?
Da fällt mir die Entscheidung schwer. Ich besitze insgesamt drei Kleiderschränke. Da
sind viele Sachen drin, die sehr speziell sind und die nicht alltäglich sind. Darunter ist
auch ein altes Dirndl, das mir wirklich sehr ans Herz gewachsen ist.
Was ist das Besondere an diesem Dirndl?
Ich habe es Anfang der 90er Jahre auf einem Flohmarkt in Erlangen gekauft. Zu dieser
Zeit war ja dieser Trachten-Hype noch nicht da und man konnte noch so manches
Schnäppchen machen. Ich glaube, ich habe nur zwölf Mark für das Dirndl gezahlt. Das sehr
festliche Stück ist pure Handarbeit. Es ist ein echtes Unikat und stammt aus den 60er
Jahren.
Was gefällt Ihnen am meisten daran?
Ich finde vor allem den Schnitt sehr schön, den möchte ich mir unbedingt kopieren. Der
Rock hat hinten einen besonderen Faltenwurf, vorn eine dezente Kellerfalte und ist ganz
raffiniert gemacht. Das Oberteil ist mit einem ausgestellten Schößchen am Rückenteil
versehen. Als Material wurde ein türkis-goldener Brokat verwendet. Die ebenfalls
handgefertigte Schürze ist aus türkisfarbender Seide. Besonders hübsch sind auch die
kleinen Silberknöpfe und die silberne Schnalle als Schürzenverschluss.
Verbinden Sie eine Geschichte oder ein prägendes Ereignis mit diesem Dirndl?
Als ich es vor ca. 20 Jahren zu einem Sommerausflug im Biergarten eines ländlichen
Schlosses trug, bemerkte meine Freundin ganz trocken: „Mit Dir muss man sich ja
schämen.“ Die Bemerkung hat mich damals recht erheitert. Vielleicht muss zur
Rechtfertigung meiner Freundin erklärt werden, dass vor 20 Jahren praktisch niemand
in Franken Dirndl trug, außer ein paar Bauersfrauen. Sie konnte diesen Style also nur als
Verkleidung interpretieren.
Bei welchen Anlässen tragen Sie es heutzutage?
Ich trage mittlerweile den Rock, oder das Oberteil einzeln. Im Ganzen geht’s auch.
Obwohl ich in München lebe, gehe ich seit Jahren nicht mehr aufs Oktoberfest, obwohl es
da natürlich passen würde. Generell würde ich sagen: Wenn ich Trachtenmode,
Originaltrachten bzw. entsprechende Accessoires trage, schwingen auch für mich
Klischees von heiler Welt, Landschaft, Tradition, Beständigkeit und Weiblichkeit mit. Ich
liebe das!
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Monika Mutter wurde in Erlangen geboren und hat in Nürnberg ihre Ausbildung zur Schneiderin absolviert. Sie lebt derzeit in München und unterrichtet das Fach Kostümgeschichte an der Akademie für Mode und Design. Neben ihrer Tätigkeit als Dozentin, besitzt sie ihre eigene Mode- und Accessoires-Marke namens "Moja". Sie ist Mutter zweier Kinder und Ehefrau.
Text und Bild: Louisa Persch
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